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6. März 2005

„Aber unsere Zielgruppe hat doch den IE …“

Viele Webautoren (leider nicht nur die privater „Homepages“) sind nach wie vor der Ansicht, es sei ausreichend, Websites so zu schreiben, dass sie im Internet Explorer „funktionieren“. „Weil die Zielgruppe eben diesen Browser benutzt.“

Wir erinnern uns: Das Internet ist weltumspannend. Die Zugriffe auf eine Website können grundätzlich von jedem Internetzugang auf der Welt erfolgen – und mit jedem beliebigen Browser. Das lässt sich nur durch großen technischen Aufwand unterbinden. Die Grundgesamtheit in Bezug auf jede Website sind also prinzipiell alle Internetnutzer.

Was ist eine Zielgruppe?

Der Begriff Zielgruppe wird in Gabler Wirtschaftslexikon, 12. Auflage, 1988 wie folgt erklärt:

Gesamtheit aller effektiven oder potentiellen Personen, die mit einer bestimmten Marketingaktivität angesprochen werden sollen – Grundlage zur Z.findung nach jeweils relevanten Merkmalen ist die Marktsegmentierung; Hauptproblem die zeitliche Instabilität (Dynamik). – Zur Vermeidung von → Streuverlusten werden in der → Mediaplanung nur die zielgruppenspezifischen → Media ausgewählt. – Arten: (1) soziodemographische Z. (z.B. Alter, Geschlecht, Bildung); (2) Z. aufgrund von konsumorientierten Merkmalen (z.B. Intensivverwender, Erstkäufer); (3) Z. aufgrund psychologischer Merkmale (z.B. innovationsfreudig, sicherheitsorientiert); (4) Z. aufgrund medienorientierter Merkmale (Nutzer bestimmter Medien).

Man kann also seine Zielgruppen nach soziodemographischen, konsumorientierten, psychologischen oder medienorientierten Merkmalen definieren. Die Option, eine Zielgruppe über die Nutzung eines Browsers zu definieren, fehlt im obigen Zitat. Eine solche Definition würde nur in den wenigsten Fällen – zum Beispiel, wenn ich eine Sammlung mit Tipps Tricks zu einem bestimmten Browser vermarkten möchte – Sinn ergeben. Und selbst dann stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Nutzer anderer Browser einfach nicht zu bedienen.

Wirtschaftlich betrachtet

Der Standpunkt „Unsere Seiten müssen nur im Internet Explorer funktionieren“ sperrt in der Regel Nutzer anderer Browser aus. Denn er ist in der Realität gleichzusetzen mit: „Wir erzeugen unsere Seiten mit einem WYSIWYG-Tool.“ Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass dabei in der Regel nie semantisches HTML und nur selten valider Code entsteht. Wer ein solches Tool ohne Grundlagenwissen einsetzt (das dürfte in 90 % der Fälle so sein) wird mit großer Sicherheit große Verbrechen am HTML begehen. Und ungültiges HTML ist ein Garant dafür, dass die betreffende Seite in einigen Browsern nicht lesbar sein wird.

Aus wirtschaftlicher Sicht ist solch ein Standpunkt nicht nur kurzsichtig, sondern sogar dumm. Die Milchmädchenrechnung dazu lautet: Wieviele Kunden sind mehr – 80 % oder alle? Jeder Unternehmer, der freiwillig auf einen bestimmten Prozentsatz potentieller Kunden verzichtet, wird früher oder später vom Markt verschwinden. Muss man jetzt seine Seiten für viele unterschiedliche Browser optimieren?

Und wie weiter?